Digitale Methoden versprechen der Musikforschung Erkenntnisgewinn durch die Analyse großer Datenmengen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass überhaupt geeignete Daten zur Analyse vorliegen.
Gerade das Erstellen musikalischer Korpora kann sehr zeitaufwendig sein, da technische Anwendungen wie die Optical Music Recognition nur in speziellen Fällen zum Einsatz kommen können, um notierte Musik in angemessener Qualität zu erfassen und zu codieren. Somit muss der Großteil der Arbeit durch die Forschende/den Forschenden geleistet werden. Darüber hinaus gibt es kein standardisiertes Schema, das zum Erstellen eines solchen Korpus herangezogen werden kann. Damit muss der erste Schritt der digitalen Erschließung von notierter Musik die Erarbeitung eines solchen Schemas sein, das die durch eine konkrete Fragestellung bedingten Erfordernisse erfüllt.
Das Ziel meines Promotionsvorhabens ist es, verschiedene Editionen der Klaviersonaten Beethovens quantitativ miteinander hinsichtlich ihrer Textgestalt zu vergleichen. Dieser Vergleich soll computergestützt durchgeführt werden. Die digital codierten Editionen, die das Korpus bilden, müssen in ihrer Erfassung insbesondere einer einheitlichen Systematik folgen, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
Der Vortrag soll einen Einblick in theoretische und praktische Probleme geben, die beim Erstellen eines Korpus von Editionen auftreten, und mögliche Lösungsansätze vorstellen. Dabei wird es unter anderem um die Frage gehen, wie damit umgegangen werden kann, dass Datensätze “unvollständig” sein und dennoch mithilfe statistischer Überlegungen für die Musikforschung nutzbar gemacht werden können. Außerdem möchte ich darauf eingehen, welche musikwissenschaftlichen Bedingungen die Codierung des Korpus in diesem speziellen Fall erfüllen muss, um sinnvoll ausgewertet werden zu können. Dabei wird die zugrunde liegende Systematik vorgestellt, die für eine einheitliche Erfassung der Quellen sorgen wird.